
Schweden: Ohne Lockdown im Europa von Morgen

Anreise
Da der gebeutelte Deutsche seit Jahresbeginn immer wieder von dem anderen Weg Schwedens hörte, das neben Weißrußland als einziges Land in Europa keinen Lockdown erzwang, dachte ich mir es wäre eine gute Idee, den Schweden zwischen den Jahren auf den Zahn zu fühlen und ihre Sitten zu beobachten.
Wissen Sie, warum es „zwischen den Jahren“ heißt? 12 Mondzyklen brauchen 349 Tage, bis zu den 365 Sonnenkalendertagen fehlen 12 Tage oder 11 Nächte. Die Nächte zwischen der Wintersonnewende am 21. Dezember und dem Dreikönigstag sind die sogenannten Raunächte, denen in der christlichen Tradition, aber auch aus vorchristliche Zeit eine besondere spirituelle Bedeutung begemessen wird.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag fand ich mich mich mit meinem Wohnwagen in Rostock am Fähranleger ein um nach Trelleborg überzusetzen. Früher ging das von Saßnitz, später auch von Mukran schneller, da nur halbe Strecke, aber die Anbindung über die Autobahn verschafft auch Rostock Vorteile (Wann kommt die Autobahn nach Mukran?).
Nach Stockholm sind es bei dieser Route etwas über 1000 km, davon 81 Seemeilen (150 km) über die Ostsee.
Nach einer Übernachtung bei Malmö kam ich am 27. Dezember in Stockholm an und startete am 28. die Forschungsarbeit im Zentrum von Stockholm.
Stockholm: Aufgeklärt handelnde Behörden
Alle Läden und Restaurants waren geöffnet, vereinzelte Menschen trugen auf der Straße eine Maske. Nur die Museen waren geschlossen.
Den öffentliche Nahverkehr wollte ich wegen meiner Begleitung nicht nutzen. Mich begleitete mein noch recht junger Schäferhund, dem schon das Parkhaus merklich zusetzte.
Auf der Straße sprach ich Passanten auf Englisch an und hatte an zwei Tagen immerhin sieben Interviews geführt, davon einige mit laufender Handykamera.
Ich kam zum Eindruck, daß man sich von den schwedischen Behörden im Großen und Ganzen gut durch die Krise geführt sah. Kritik am Umgang mit den Alten äußerte nur eine Dame.
Die Schweden und ihr König
Den Umstand, daß der schwedische König mehr Eindämmungsmaßnahmen im Merkelstil gefordert hatte, kommentierte ein aus Spanien stammender Schwede mit: „Er ist nur der König. Er kann sagen was immer er will.“
Der gleiche Interviewpartner machte mich darauf aufmerksam, daß es in Schweden ein besonderes Vertrauen des Volkes in die Behörden gebe. „Folkhälsomyndigheten“ heißt das auf schwedisch, davon später mehr.
Man ist modern und zahlt mit Karte
Das einzige Bargeld, das ich in Schweden in die Hand bekam, war ein kupfernes 1-Kronen-Stück, etwa 10 EUR-Cent.
Das fand ich auf der Wiese vor meinem Wohnwagen. Alles andere, Eier, Butter, Ansichtskarten, Briefmarken, Propangas und Diesel zahlt man mit Karte.
Die Abschaffung des Bargelds scheint in Schweden schon weit fortgeschritten zu sein. Möglicherweise vertraut man den Behörden auch hier – vielleicht zu sehr.
Ich frage mich, wie Kinder den Umgang mit Geld lernen. Ob die auch alle eine EC-Karte haben?
Kontrastprogramm: Moderne Infrastruktur
Neben dem realistisch-entspannten Umgang mit Corona beindruckten mich die Straßen Schwedens, insbesondere die Autobahnen mit ihren Brücken und Tunneln. Gut ausgebaut und großzügig geplant, eine achtspurige Autobahn durch Stockholm, ein sechspuriger City-Tunnel mit mehreren Ästen beeindruck den mangelgewohnten Berliner Autofahrer.
Aber auch die Umlandbahnen verbinden mit modernen Zügen das Umland und den Rest Schwedens mit der Hauptstadt.
Massenmigration auch in Schweden
Die Migrantenzahl ist hoch, vor allem in der Hauptstadt. Afrikaner und Türken sieht man überall, insbesondere einfache Tätigkeiten werden von ethnischen Nichtschweden verrichtet. Die Gehirnwäsche, daß man auf Werbefotos kaum mehr das eigene einstmals homogene Volk erkennen kann, ist man aus Deutschland gewohnt. Allerdings spiegeln die unzähligen Bewohner Stockholms mit nichtschwedischen Wurzeln die Werbebotschaft.
Während Asiatischstämmige und Afrikaner häufig mit Schweden unterwegs sind, die aussehen, als ob deren Großeltern auch schon Schweden waren, scheinen die Türken und andere Orientalen lieber unter sich zu bleiben. Türkische Wortfetzen hört man auf Stockholms Straßen häufig, Kopftücher und Kinderwagen sieht man oft zusammen.
Der Nordischer Winter ist eine Zeit der Dunkelheit
Hätten wir nicht das Glück der globalen Erwärmung, hätte ich meinen Wohnwagen wohl täglich von Schnee freischaufenn müssen. Es regnete praktisch ununterbrochen.
Die Tage sind deutlich kürzer als in Berlin, gegen neun wird es erst richtig hell, ab 14 Uhr beginnt schon wieder die Dämmerung. Ich hörte eine böse Stimme, daß daher die Schweden häufig eine Aufhellung der Stimmung mittels Alkohol praktizierten. Das ist aber sicher nur ein Gerücht.
Die Schweden vertrauen dem Staat
Das Wort „Folkhälsomyndigheten“ steht für das Vertrauen, das die Schweden in ihren Behörden haben und das nicht aus dem heiteren Himmel fällt, sondern auf Erfahrung basiert.
Immerhin hat Schweden weder am 1. noch am 2. Weltkrieg teilgenommen und offenbar verstehen Regierung und Behörden, Ärger zu vermeinden. Ob das der ausschlaggebende dafür Grund war, daß Schweden einen anderen Weg als alle anderen Länder Europas gewählt hat, kann dahinstehen. Anders Tegnell war auch schon zu Zeiten der Schweinepest in leitender Position und damals kostete Schweden sein Vorpreschen mit einer Durchimpfung von 60 % der Bevölkerung einen hohen Zoll: Über 400 schwere Impfschäden, insbesondere Narkolepsie, eine Schädigung, die dem Patienten unangekündigt jede Reaktionsmöglichkeit nimmt. Z.B. wird Autofahren dadurch lebenslang unmöglich.
Das Rätsel, warum Schweden in den ersten Corona-Wochen eine signifikante Übersterblichkeit zum Vorjahr und zu seinen skandinavischen Nachbarn hatte, scheint inzwischen gelöst: Im Vorjahr hatte Schweden eine ungewöhnlich niedrige Sterblichkeit, etwa 4,1 % weniger als 2018. Für die vielen 2019 gerade noch einmal davon gekommenen Alten bedeutete der nächste Winter dann mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der Tod.
Sie sind aber nicht wegen Corona über Gebühr gestorben, sondern wegen verschiedener glücklicher Umstände nicht schon 2019. Der in Schweden lebende Sebastian Bauer hat dazu auf achgut.com am 12.1.2021 einen interessanten Aufsatz veröffentlicht.
Meinen 30-minütigen Reisebericht finden Sie im untenstehenden Video, das erstmalig auf staatsreparatur.de erschienen ist, der Webseite meines Abgeordnetenbüros, auch bekannt als Staatsreparatur. Dort erhalten Sie zudem gedruckte Exemplare des TREND. Ich freue mich, wenn Sie mal reinschauen!
Andreas Wild
Die TREND-Printausgabe mit weiteren Beiträgen können Sie bei Staatsreparatur, Jungfernstieg 4 B, 12207 Berlin-Lichterfelde beziehen.